Einer geht noch

Michas bunte Sportwelt

Schlagwort-Archiv: Werder Bremen

Auferstanden aus Ruinen


Früher war eh alles besser – fragt sich nur, wo?

Rechtzeitig zum 61,397. Jahrestag der DDR werden quer durch die Stadien der Fußballrepublik Erinnerungsaufführungen veranstaltet.

So in Hannover, wo man sich im Jahr 21 n.M. (nach Mauerfall) aufgeschwungen hat, das Motto der Hymne von der anderen Seite der besagten Mauer mit neuem Leben zu erfüllen. Wer hätte im Mai letzten Jahres schon gedacht, dass Dauerlächler Slomka (Spitzname: Die Grinsekatze) es schafft, der Trümmertruppe von der Leine Beine zu machen? Am wenigsten wohl der Trainer und Berufssympath selbst. Und das, obwohl er dringend ein Hörgerät aus der Produktion von Präsident Martin Kind benötigt, damit er beim nächsten Mal die eindeutigen Ankündigungen seines Chefs („Schlaudraff wird nie wieder für Hannover spielen!“) mitbekommt. Wäre doch bloß die 50+1-Regelung schon gekippt und Kind könnte schalten und walten wie es ihm beliebt… allen (außerhalb von Hannover) wäre geholfen!

An einer für die eigenen Anhänger weitaus weniger erfreulichen Reminiszenz an den Unrechtsstaat arbeitet der FC Schalke 04. Nachdem dort schon seit geraumer Zeit sehr erfolgreich an einer maßstabsgetreuen Nachbildung des Staatsdefizit des ostdeutschen Staates gearbeitet wird und durch die Ernennung Magaths zum Staatsratsvorsitzenden auch entscheidende Fortschritte bei der Beschneidung der Meinungsfreiheit erreicht wurden, hat man am letzten Wochenende einen der Schlussakte erfolgreich inszeniert, indem man gegen Mönchengladbach den Fall der Mauer nachstellte. Fehlt eigentlich nur noch, dass Neuer die Ausreiseerlaubnis nach Bayern erteilt wird und der Laden kann komplett abgewickelt werden.

Auch in Frankfurt zeigen sich die Fans wenig begeistert von der sehr originalgetreuen Nachstellung der Verweigerung des Schießbefehls. Dabei wird dieses ernste Thema doch sogar noch erheiternd aufgelockert durch die Komödie um den Spieler Amanatidis. Hierfür wurden offenbar sowohl thematisch als auch optisch Anleihen bei der Jesus-Persiflage „Das Leben des Brian“ verarbeitet – das Gelächter auf den Tribünen bleibt jedoch trotzdem aus. Vielleicht wird das angesetzte Kurztrainingslager ja zu einer Verbesserung der Darbietungen genutzt – ansonsten ist die Zukunft von Regisseur Skibbe wohl höchst fraglich. Glücklicherweise hat er es nicht so weit zum Flughafen, um ins Exil zu flüchten.

Eher in der Form einer klassischen Tragödie kommt die Bremer Inszenierung des Untergangs der DDR daher. Noch nicht ganz klar ist hierbei die Verteilung der Hauptrollen. Derzeit wird in den Geschichtsbüchern händeringend nach einem groß gewachsenen Ost-Politiker gesucht, dessen Handlungen zumindest annähernd so fatale Auswirkungen hatten, dass sie Per Mertesackers aktueller Form gerecht werden würden. Hingegen sind die Herren Schaaf und Allofs in ihrer Untätigkeit schon recht nah dran an den historischen Vorbildern aus dem Politbüro.

Währenddessen wird in Berlin schon fleißig für eine Party geplant. Ob der Anlass nun Wiedervereinigung oder Wiederaufstieg heißt, ist relativ schnuppe. Die Grenzen sind da fließend (Achtung, doppeldeutig!).  Schade nur, dass Vereine wie Aue und Cottbus versuchen diese Bestrebungen zu torpedieren – die Reaktionäre sterben einfach nicht aus!

Aber wie uns schon die Geschichte der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone lehrt, handelt es sich so oder so nur um Momentaufnahmen. Schon in ein paar Monaten sehnt man sich andernorts zurück in irgendeine gute alte Zeit… früher war halt alles besser!

 

Wat? Wer bist du denn?


Ich nenn dich einfach Hotte! Und dich auch!

Am Wochenende ist es wieder soweit: Das große Erwachen. The day after.

Der erste Spieltag nach dem Ende der Transferperiode II, die gerne auch als Winterschlussverkauf oder Felix‘ (alternativ Dieters) Resterampe bezeichnet wird, steht an.

Es hat ein bisschen was vom Weihnachtswichteln mit der Familie: Man will sich ja wirklich freuen, aber was zum Henker hat Muttern sich eigentlich dabei gedacht, ihrem dreißigjährigen Sohn Antirutschsocken von Benjamin Blümchen zu schenken? Von Omas alten Keksen wollen wir lieber gar nicht reden… Und oft bringen die unerwarteten Mitbringsel von des Managers weltweiter Shoppingtour noch ein unliebsames Problem mit sich: Die kennt doch keine Sau!

Da sehnt man sich als Teilzeit-Vollblut-Supporter (die kleine Randgruppe, die neben dem Fantum noch anderen, niederen Beschäftigungen wie zum Beispiel der Arbeit frönt) in der Kurve zurück in die gute alte Zeit, in der man als Fan des SC Freiburg einfach nur ein lautes „…willi!“ bei der Spielervorstellung brüllen musste, um definitiv richtig zu liegen. Manch einer ist mittlerweile schon so verzweifelt, dass ihm sogar die fragwürdige Hilfestellung des gegnerischen Anhangs nach Pfälzer Machart dankenswert erscheint, nach der sämtliche Spieler des eigenen Teams offenkundig miteinander verwandt sind und einen Nachnamen mit „A“ am Anfang und „loch“ am Ende tragen!

Wie soll man sich auch in so kurzer Zeit so viele neue Namen merken? Und dann auch noch die (zumindest leidlich) korrekte Aussprache? Da hilft auch die größte Videoleinwand im Stadion nicht weiter, solange keiner auf die Idee kommt endlich mal Lautschrift zum Einsatz zu bringen!

Besonders hart hat es in diesem Jahr die Fans aus der Siedlung neben dem großen VW-Werk (das jemand von auswärts mit dem Verein sympathisiert, ist recht unwahrscheinlich) getroffen. Immer noch sind letzte Unklarheiten über die korrekte Aussprache des ehemaligen Meistertorjägers Grafietsch  – wahlweise Grafitäh – nicht ganz ausgeräumt, da werden weitere Spieler verpflichtet, die sich teilweise offenbar selbst noch nicht ganz schlüssig sind, wie sie denn nun heißen (möchten) – zugegeben, „von Gott gegeben“ macht schon mehr her als „Gottseidank“.  Der Nachname des angesprochenen jungen Mannes lautet übrigens Mbokani – nicht zu verwechseln mit dem ähnlich klingenden Song Mmmbop von den Hanson Brothers.

Da schaut sicherlich manch einer neidisch nach Köln, wo ein defektes Faxgerät quasi als „von Gott gegebener“ (Tatsache, das klingt tatsächlich beeindruckend!) Überlaufschutz des Kaders herhalten muss. Mal ehrlich: Wenn man einen Monat Zeit hat, um einen Transfer abzuwickeln, wie kann man es dann an 13 Minuten scheitern lassen? Hatte da etwa „Novakonix“ als Telekomtechniker verkleidet seine Finger im Spiel, um so seinen Stammplatz zu sichern? Immerhin bleibt den jecken Jeisböcken nun ein Einstudieren des Namens Schupo-Mohtäng erspart.

Oder man sehnt sich nach Bremen (neuer Hoffnungsträger: ein Brasilianer namens Jesus – es wird eindringlich darum gebeten, bei der Mannschaftsvorstellung NICHT „von Nazareth“ zu brüllen!), wo mit der Politik der ruhigen Hand nur ein Minimum an Neuerungen im Kader vorgenommen wurde. Praktischerweise wird sich in Folge dessen vermutlich auch an der Qualität der sportlichen Leistungen nicht allzu viel ändern. So kann man nämlich gleich zuhause bleiben und sich den ganzen Ärger ersparen…